Marius Bingel wurde im Jahr 1992 in Saarburg geboren und absolvierte zunächst eine Ausbildung als Koch, bevor er im Jahr 2018 seine Ausbildung zum Musicaldarsteller an der Stage School in Hamburg abschloss.
Direkt nach der Ausbildung stand er als „U-Bahn-Geist“ im Musical Ghost in Hamburg auf der Bühne. Im Anschluss tourte er mit Saturday Night Fever in der Rolle des „Tony Manero“ durchs Land und spielte im Ensemble bei den Freilichtspielen Schwäbisch Hall im Musical Aida.
Ab November steht Marius erneut als Cover „U-Bahn-Geist“ und Cover „Carl“ im Musical Ghost im Stage Palladium Theater in Stuttgart auf der Bühne.
In unserem Interview erzählt Marius über seine Erinnerungen an die Zeit als Koch, was für ihn nach der Ausbildung die größte Herausforderung auf der Bühne war und durch welche Augen er gerne für einen Tag die Welt entdecken würde, wenn er könnte.
Du hast zunächst einen ganz anderen Weg eingeschlagen und eine Ausbildung zum Koch absolviert und auch in dem Beruf gearbeitet. Wie bist du dann zum Musical gekommen? Das sind ja zwei völlig verschiedene Richtungen.
In der Tat, das sind zwei sehr unterschiedliche Berufe. Der Weg zum Musicaldarsteller war für mich ein recht langer und von einigen Umwegen bestückt. Wenn ich das alles bis ins Detail erzählen würde, hätten wir glaub ich schon genug Text für ein ganzes Interview zusammen, und ich bin ja grad mal bei Frage 1.
Aber unterm Strich kann man sagen, dass ich ohne meine erste Gesangslehrerin niemals auf den Gedanken gekommen wäre das zu machen. Sie musste mir einige Male vor Augen führen welchen Reiz dieser Beruf hat und dass ich darin wirklich Chancen hätte. Und ich bin ihr soooo dankbar dafür!!!
Hast du besondere Erinnerungen an deine Zeit als Koch?
Ganz viele!! Ich bin sehr gewachsen an diesem Beruf und an den Bedingungen drum herum. Zum Beispiel war es wegen der Arbeitszeiten praktischer für mich näher zu meinem Ausbildungsbetrieb zu ziehen. Und das alleine, mit 16! Meine Eltern wohnten zwar nur 15 Minuten von mir weg, aber trotzdem hat mich das sehr viel selbstständiger werden lassen.
Toll war auch die Möglichkeit im Ausland arbeiten zu können. Nachdem ich die Ausbildung abgeschlossen hatte war ich 10 Monate in Australien, wovon ich 4 in Sydney direkt am Hafen ganz schnell Arbeit gefunden habe. Eine großartige Zeit!
Gibt es ein Gericht das du am liebsten zubereitest oder hast du ein Leibgericht?
Ohja! Die Frau meines Papas macht den besten Sauerbraten der Welt, einen anderen gibt‘s für mich nicht!
Und selber koche ich mir ganz gerne Curries. Ich möchte unbedingt mal nach Thailand reisen und vor Ort lernen wie man diese traditionell kocht!
Zurück zum Musical! Welches Stück hast du als erstes gesehen? Und was hat dich daran fasziniert?
Mein erstes Stück war We Will Rock You in Köln. Da war ich wohl so um die 13/14 und anders als bei den meisten Kollegen kam die Liebe für meinen Beruf nicht daher. Ich war dort weil ich damals schon die Musik von Queen liebte. Ich kann mich aber erinnern, dass mich der „Galileo“ damals gesanglich total beeindruckt hat!
Du hast im Jahr 2018 deine Ausbildung an der Stage School in Hamburg abgeschlossen. Was rätst du Menschen die Musicaldarstellerin oder Musicaldarsteller werden wollen? Hast du einen Geheimtipp?
Ich glaube jeder muss seinen Geheimtipp für sich rausfinden. Ich kann jedem angehenden Darsteller nur ans Herz legen immer sich selbst treu zu bleiben. Sich formen aber nicht verbiegen zu lassen und aus jedem Unterricht das Beste für sich rauszunehmen.
Bei der Stage School hast du als Joe Vegas im Musical Fame und bei diversen Weihnachtsshows auf der Bühne gestanden. Was ist das besondere an diesen Shows?
Das ist eine tolle Frage! Denn das wunderbare an diesen Shows ist, dass sie im eigenen Theater der Schule, dem First Stage Theater aufgeführt werden. Was die Möglichkeit gibt, eine Show nicht nur ein oder zwei mal, sondern auch mal 4 Wochen lang mit 8 Shows die Woche zu spielen. Ich stand während der Ausbildung sicher über 200x auf dieser Bühne, in verschiedensten Formaten. Das erfordert zwar viel Arbeit und somit auch Energie aber bereitet einen angehenden Darsteller ganz anders und noch intensiver auf die wirkliche Arbeitswelt hier draußen vor. Das finde ich absolut Klasse!
Nach deiner Ausbildung warst du bei Ghost als U-Bahn Geist engagiert. Warum gerade die Rolle? Hast du dich explizit dafür beworben?
Nein habe ich nicht, ich habe mich vor Ghostimmer initiativ beworben, also allgemein für ein Stück das ausgeschrieben war. Bei Ghosthabe ich mich dann explizit für‘s Ensemble beworben, weil ich mich in keiner Rolle gesehen habe. Und dann war ich da, durfte nach der Tanzrunde noch singen und dann hat mich das Kreativteam gefragt ob ich Lust hätte zwei Tage später noch mit dem vorbereiteten „U-Bahn Geist“ Material vorbeizukommen. Das hab ich natürlich sofort gemacht, zum Glück wie wir heute wissen.
Was machst du um dich in der Zeit zwischen Audition und Ergebnissen nicht verrückt zu machen?
Als erstes lasse ich die Audition hinter mir. Egal wie sie lief versuche ich immer etwas positives daraus zu ziehen. Und das ist schon die halbe Miete für mich. Und sonst hilft es sowieso nicht sich verrückt zu machen, da die Audition gelaufen ist und man eh nichts mehr daran ändern kann. Nur lernen kann man daraus!
Was war für dich nach der Ausbildung die größte Herausforderung auf der Bühne?
Mhhh, das war wahrscheinlich die Rolle die mir vom Typ her in ein paar Gegebenheiten, wie zum Beispiel der Körperlichkeit, noch sehr fremd war. Und dann gerade das in einer 8 Show-Woche kontinuierlich gut leisten zu können war schon die größte Herausforderung.
Als Tony Manero warst du in diesem Jahr mit Saturday Night Fever auf Tour. Was liegt Dir mehr? Festes Theater oder Tourmusical?
Ganz klar festes Theater. Dieser Beruf bedarf sowieso schon viele Umzüge und gewährt nicht immer einen dauerhaft festen Wohnsitz. Außerdem kann man ja auf Tour nicht seinen ganzen Kleiderschrank mitbringen, das ist schon blöd. Aber es war definitiv eine Erfahrung wert und wie ihr wisst bin ich ja nächstes Jahr schon wieder auf Tour, dann aber nicht ganz so lang.
Ja, im nächsten Jahr bist du bei der „The Greatest Show“ Tour dabei. Herzlichen Glückwunsch dazu. Worauf freust du dich am meisten?
Danke danke! Ja, das wird richtig cool. Ich freue mich vorallem auf die Arbeit mit vielen tollen Kollegen und die schönen Häuser!
Du wirst neben vielen großen Namen und „alten Hasen“ der Branche auf der Bühne stehen. Hast du irgendwelche Bühnen-Vorbilder?
Es gibt einige Künstler, die definitiv gesangliche Vorbilder sind. Dazu gehören zum Beispiel Aaron Tveit, Drew Sarich oder Matthew Morrison.
Und ich weiß nicht warum, aber es schoss mir grade durch den Kopf: Ich spiele ja momentan bei den Freilichtspielen Schwäbisch Hall und hier laufen übern Sommer mehrere Stücke von denen ich eins letztens gesehen hab. Ewig Jung ist eine musikalische Komödie und abgesehen davon dass ich mich vor Lachen kaum halten konnte, war ich so begeistert von dem Schauspiel meiner Kollegen, dass die auch zu meinen Vorbildern gehören. Alle hatten so unfassbar komödiantisches Talent und waren so präzise dass ich da raus bin und mir dachte: Ich brauch noch ne Schauspielausbildung, das will ich auch können!
So geht man dann durchs Leben und ist einfach begeistert von seinen Kollegen, Freunden und wird irgendwie in jeder Produktion neu inspiriert. Wir können also auch untereinander Vorbilder füreinander sein!
Gibt es für dich eine Traumrolle, die du unbedingt in deiner Karriere einmal spielen möchtest?
Eine Traumrolle nicht nein, eher Stücke die ich wirklich gerne mal aus Darstellersicht erleben würde. Da gehören einige Klassiker wie Les Misérables, Elisabeth und Wickeddazu.
Und wenn du entscheiden dürftest welches Musical als nächstes auf eine große Bühne kommt, welchen Stoff, den es noch nicht gibt oder gab, würdest du gerne sehen?
Hui, also es gibt einige tolle Stücke die es noch nicht nach Deutschland geschafft haben, Finding Neverland zum Beispiel. Die Musik ist echt schön und die Geschichte kennt ja auch jeder.
Wo siehst du dich in 10 Jahren?
Im Theater. Ob als Zuschauer, hinter den Kulissen oder immernoch auf der Bühne: Vom Theater kriegt mich so schnell keiner mehr weg!
Wenn du etwas in der Welt verändern könntest, was wäre das?
Vermutlich unsere unfassbar hohe Müllproduktion!!
Und wenn du für einen Tag eine andere Person sein könntest, wen würdest du wählen?
Ich würde die Welt unheimlich gerne mal aus den Augen von einem meiner vier Geschwister sehen!
Natürlich darf die obligatorische Frage nicht fehlen: Was war dein lustigster Patzer auf der Bühne?
Haha, es war nicht mein Patzer aber bei Ghostist einmal während meines Songs die Zigarettenschachtel im Orchestergraben gelandet nachdem sie aus dem Automaten fliegt. Das war vorallem witzig weil ich „Sam“ danach anschreie dass er die Packung bewegen soll!
Welche Frage würdest du dir selber stellen, wärest du an unserer Stelle und was wäre die Antwort?
Welche Rolle würdest du ablehnen würde man sie dir anbieten?
Ha, jetzt hab ich ne echt spannende Frage gefunden und weiß keine Antwort darauf! Vermutlich den Hinterteil eines Pferdes (jaaaaa das gibt es!!).
Welche Frage(n) würdest du uns stellen, wärest du der Interviewer?
Meine Frage an euch: Schafft ihr es tatsächlich euch jeden Monat mindestens eine Show anzuschauen? Oder erzählt ihr es einfach nicht wenn ihr eure Challenge mal nicht erfüllen könnt?
Und du meinst tatsächlich, dass wir das jetzt hier öffentlich verraten?
Nein, in Ernst: In den ersten 5 Monaten haben wir uns noch strikt an die Challenge gehalten und ein Musical/ Musicalkonzert im Monat angesehen. Irgendwie hat sich das Ganze dann aber verselbständigt und zwischenzeitlich waren wir bei fast einem Musical in der Woche (oder manchmal sogar mehr)… Wir sind einfach ein bisschen verrückt, aber es macht noch immer unglaublich viel Spaß! Bisher hatten wir nie Schwierigkeiten uns etwas auszusuchen, was wir gerne sehen würden, ganz im Gegenteil! Die Musicallandschaft ist so vielfältig und es gibt ja nicht nur die großen Produktionen. Wir haben bisher so tolle Laien-Produktionen oder auch Touren abseits vom Mainstream gesehen, dass es uns manchmal sogar schwerfällt uns zu entscheiden und wir teilweise mit unseren Musicalterminen auch ein bisschen übertreiben und Probleme haben alles, neben Vollzeitjobs und Familie, unter einen Hut zu kriegen.
Also: Challenge continues…
Besucht Marius im Netz:
Facebook: Marius Bingel
Instagram: bingelicious
Vielen Dank, lieber Marius, für das interessante Interview!
Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg durch die Musicalwelt, einen wundervollen Probenstart und natürlich auch später großartige Vorstellungen bei Ghost in Stuttgart. Wir sind uns sicher, dass wir zukünftig noch viel von dir hören werden und freuen uns schon, wenn wir dich irgendwann live auf der Bühne erleben können.
Viele Grüße!
Eure Judy und eure Ena