Heute waren wir im Stage Metronom Theater in Oberhausen und haben eine Backstageführung mitgemacht. Karen Bildhat die Führung begleitet und uns tiefergreifende Einblicke, auch aus der Sicht einer Darstellerin, gewährt!
Los ging es im Foyer, da wurden wir herzlich von den Mitarbeiterinnen von Stage Entertainment und Karen Bild empfangen. Aufgrund der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden wir in 2 Gruppen a ca. 20 Personen aufgeteilt und uns wurden die Regeln der Führung erklärt. Es durften z.B. keine Fotos Backstage gemacht werden, daher gibt’s hier in unserem Bericht auch leider keine. Wir versuchen aber unsere Eindrücke so bildlich und detailliert wie möglich zu beschreiben.
Die erste Station war die Probenbühne. Dort wird immer das „Fliegen“ geprobt und die Bungees und normalen Seile geprüft. Dafür sind eigens 4 Profis bestehend aus Industriekletterern und Kletterprofis eingestellt. Die Seile werden regelmäßig gespannt und auf etwaige Fehler geprüft. Sobald an den Bungeeseilen, die aus einzelnen Kautschukfäden bestehen, eine gewisse Anzahl an Fäden defekt ist, werden diese sofort ausgetauscht. Die Seile sind auf Größe und Gewicht der jeweiligen Darsteller eingestellt und farblich an die Kostüme bzw. den Bühnenhintergrund angepasst. Außerdem ist in den Bungeeseilen eine Sicherungsleine eingearbeitet. Die Sicherheit der Darsteller steht also definitiv an erster Stelle.
Das in der Show oft zu hörende Klicken der Karabiner stört teilweise die Zuschauer, dient aber ebenfalls als Sicherheitskennzeichen. Nämlich als Zeichen dafür, dass der Karabiner korrekt eingerastet ist. Steckt auch nur ein Stückchen vom Kostüm dazwischen, ertönt kein Klicken und der „Flug“ wird direkt abgebrochen bzw. gar nicht erst freigegeben. Mit dem Hintergrundwissen stört das Klicken doch schon viel weniger, oder?
Wir durften verschiedene Requisiten begutachten, die teilweise auch auf der Probenbühne gelagert werden. Unter anderem die Schreibmaschine aus der Szene „Crashing the Camp“, die tatsächlich echt schwer ist. Man meint immer, das bei solchen Shows die Requsiten nicht echt bzw. nachgebaut sind. Das ist bei Tarzan nicht so. Wir haben nun noch mehr Respekt vor der Arbeit der Darsteller!
Außerdem gibt es an der Probenbühne einen „Jane-Elevator“. Damit wird die „Jane“-Darstellerin für die Szene mit der Hängematte auf 15 m Höhe gebracht. Hierfür muss sie sich an einem Seil einklinken und wird durch eine enge Röhre nach oben gezogen. Das dient zum Einen der Geschwindigkeit, es geht natürlich viel schneller, als wenn sie die Leiter hochklettern müsste und zum Anderen damit sie oben angekommen nicht aus der Puste ist und „entspannt“ ihren Part singen kann.
Der Weg führte uns dann an der „Puder-“ und der „Modderbox“ vorbei. Hier werden die Darsteller geschminkt und erhalten ihr Body Make Up. Dieses ist übrigens mit Körperkleber gemischt, damit es besser hält, auch wenn die Darsteller schwitzen. Das Body Make Up bleibt die ganze Show am Körper, selbst wenn zum Beispiel ein Affe zu einem Expeditionsteilnehmer wird. Das einzige was dann weichen muss, ist das Gesichts Make Up. Das gesamte Make Up ist farblich auf die jeweiligen Charaktere abgestimmt. „Terk“, der ein blaues Kostüm trägt, wird niemals rote Farbe am Körper tragen und „Kala“, deren Kostüm eher rötlich ist, wird niemals blaue Farbe tragen.
Auf dem Weg zur Kostümwerkstatt kamen wir an einigen Garderoben der Hauptdarsteller vorbei. Es ist erkennbar, dass hier nicht nur gearbeitet, sondern auch gelebt wird. Man sieht kleine Witze, Insider, Figuren, Stofftiere oder Bilder an den Wänden und Türen.
Die Kostümwerkstatt ist ausschließlich dazu da um Kostüme in Stand zu halten und mögliche Risse o.ä. zu reparieren. Hier haben wir die Blume sehen können, in der zum Beispiel Karen an der Theaterdecke schwebt und in der Luft tanzt. Es gibt auch Kostüme die mit fluoreszierender Farbe angemalt sind. Diese werden in schwarzen Säcken gelagert, damit sie ihre Leuchtkraft nicht verlieren. Der „Wasserfall“ ist ebenfalls dort gelagert und besteht aus 15 Metern reinster Seide, damit die fließenden Bewegungen perfekt dargestellt werden können.
Eine weitere Station war der Perückenraum. Hier werden alle Perücken gelagert und es gibt auch eine „Bärte-Wand“. Einige Darsteller haben im Laufe des Stücks unterschiedliche Perücken. Für jeden Darsteller werden die Perücken einzeln angepasst und handgeknüpft. Wir konnten neben Andrea’sPerücken auch die von Patrick Stanke sehen. Das Altern der Charaktere wird übrigens bei „Kerchak“ z.B. durch die Perücke und das Kostüm dargestellt. Das „Fell“ wird im Laufe des Stücks deutlich länger und grauer. Bei „Kala“ wird das Altern durch mehr „Rückenfell“ und „Fell“ an den Armen verdeutlicht. Zu Anfang des Stücks hat sie lediglich Body Make Up in Form von Strichen auf den Armen, zum Ende hin bekommt das Kostüm Ärmel. „Terk“ bekommt ebenfalls mehr „Rückenfell“.
Weiter ging es im Radio-Room, dort sind alle Mikros der Darsteller gelagert. Jeder Hauptdarsteller hat 2 Mikrofone, die immer an der Stirn befestigt werden. Dies dient der Sicherheit, sollte eines der Mikros während der Show ausfallen. „Clayton“ hat sein zweites Mikro im Hut. Die Sender werden in den Kostümen, bei „Kala“ z.B. zwischen den Schulterblättern befestigt. „Tarzan“ trägt beide Sender übrigens unter der Perücke, deswegen sieht der Hinterkopf teilweise ein bisschen verbeult aus!
Habt ihr eine Ahnung was diese kleinen Mikrofone kosten? 5.000 € kostet ein einzelnes Mikrofon! Also ein kleines Vermögen was da von den jeweiligen Darstellern am Körper getragen wird.
Nach dem Radio-Room ging es weiter zur seitlichen Bühne, dort befinden sich die Blackboxen der Darstellerinnen und Darsteller, nach weiblich und männlich getrennt. Hier finden Kostümwechsel während der Show statt. Teilweise muss auch während der Show das Make-up verändert werden, da die Darsteller oft in verschiedene Rollen schlüpfen. So kann man am Anfang der Show ein Affe, in der Mitte ein Expeditionsteilnehmer, dann eine Motte und am Ende wieder ein Affe sein. Dazu stehen an den Blackboxen Maskenbildner und Dresser parat, um den Darstellern beim umkleiden und umschminken zur Hand zu gehen. 10 Liter Reinigungsmilch werden jeden Monat verbraucht! Außerdem halten sich die Darsteller während ihrer Pausen meistens in den Blackboxen auf, es sei denn, es stehen längere Pausen an, dann gehen die Darsteller in ihre Garderoben. Im gesamten Raum wird ein leichter Sprühnebel verteilt, damit die Luft nicht zu trocken wird. Das schont die Stimmen der Darsteller und erleichtert das Singen, macht den Raum aber auch wesentlich kühler als die anderen Räume. Für die kälteren Jahreszeiten gibt es den sogenannten „Äffchen-Wärmer“. Hierbei handelt es sich um an der Decke angebrachte Rotlichtlampen unter denen sich die Darsteller dann aufwärmen können. Alle sind ja relativ leicht bekleidet, haben den Rücken frei und laufen Barfuß. Man kann sich schon vorstellen, dass es im Winter ganz schön kalt werden kann.
Wir wurden dann über eine Seitenbühne geführt. Hier war ein Gerüst zu sehen, welches zu einem sogenannten „Drop Point“ führt. Hier starten die Affen ihre Sprünge und Flüge. Hiervon gibt es zahlreiche.
Einen weiteren Stop legten wir am Mischpult ein. Der Tontechniker sitzt ohne Scheibe gegenüber der Bühne. Es ist wichtig, dass er den Ton ungefiltert so hört, wie es auch das Publikum tut. Das Mischpult hat 150 Kanäle und teilweise muss der Ton nur für ein einzelnes Wort hoch gefahren werden. Auch „Kerchaks“ Gebrüll wird von hier eingespielt. Hier ist also während einer Show auch richtig viel zu tun!
Oberhalb der Tontechnik sitzt der „Caller“. Er gibt über rund 700 Go-Befehle für alles was während der Show passiert. Wenn er nicht das Go für das Spinnennetz gibt, kommt auch kein Spinnennetz auf die Bühne. Der Caller ist mit den Stagemanagern hinter der Bühne per Funk verbunden und diese geben die Go Befehle an die Darsteller weiter.
Seitlich neben dem Tontechniker hat noch der Flugmanager seine Kabine. Er ist dafür verantwortlich die Flüge und Sprünge der Darsteller per Lichtsignal frei zu geben. Gibt er das Signal nicht, gibt es keinen Flug und die Darsteller müssen improvisieren. Die Darsteller selber haben zudem jederzeit die Möglichkeit einen Sprung nicht zu machen, wenn sie sich nicht sicher genug fühlen.
Gerade als der Technikcheck durchgeführt wurde, führte unser Weg dann vor die Bühne in den Zuschauerraum. Es wird jede einzelne Lampe und technische Vorrichtung getestet, damit rechtzeitig vor der Show Reparaturen durchgeführt oder defekte Teile ausgetauscht werden können. Der komplette Check dauert in der Regel um die 2 1/2 Stunden, da quasi die gesamte Show durchgegangen wird.
Die Backstageführung endete wieder im Foyer des Metronom Theaters. Dort waren einige Kostüme, die Perücke und Stirn von „Kerchak“ und einer Affendame ausgestellt. Die Anfertigung einer Affenperücke, die ausschließlich aus Echthaar besteht, dauert ca. 40 Stunden. Die Perücke von „Kerchak“ besteht aus Menschen- und Büffelhaar. Aufgrund dessen dauert die Anfertigung doppelt so lange, nämlich 80 Stunden.
Die Hosen der Affen bestehen aus Lycra Fäden. Es sind Po-Polster eingenäht um den typischen Affenpo darzustellen. Die Hose alleine wiegt mehrere Kilo. Unter den Hosen werden die Sicherungsgurte, Harness genannt, getragen. Diese sind auch eigens für das Tarzan Musical angefertigt, da die normalen Gurte für Kletterer die Darsteller bei den Choreografien behindern würden. Z.B. sind die Befestigungen der Gurte seitlich an den Oberschenkeln angebracht, da die Darsteller viel in der Hocke spielen. Bei normalen Gurten würden diese sich auf den Oberschenkeln befinden, was die Darsteller extrem behindern würde.
Im Foyer befindet sich übrigens auch der Orchesterraum. Man hat bei Tarzan das Orchester auslagern müssen, da der Orchestergraben zum einen für die Bühne gebraucht wurde und zum anderen die Vibrationen, die durch die Sprünge ausgelöst werden, auf die Instrumente übertragen werden würden. Es wird dennoch jede Show live gespielt und das Orchester besteht aus 10 Musikern und einem Dirigenten.
Karen Bild hat sich dann noch Zeit genommen und der Gruppe einige Fragen beantwortet. Sie hat berichtet, dass die Darsteller sehr viel Freiraum in der Ausgestaltung der Szenen haben. Es gibt natürlich Elemente, die immer gleich sein müssen, aber gerade in den Rudel-Szenen kann sie heute ihre Affen-Kollegen lausen und morgen eine Rolle machen. Das macht den Beruf natürlich noch viel interessanter und motiviert, da sich nicht jeden Tag an dieselben Bewegungen und Abläufe gehalten werden muss und der Künstler in der Interpretation der Rolle relativ frei ist.
Zum Schluss wurden noch fleißig Autogramme verteilt.
Alles in Allem war es mega interessant hinter die Kulissen einer technisch so aufwändigen Show blicken zu dürfen. Vielen Dank dafür! Ein paar Dinge waren uns im Vorfeld bereits bekannt, anderes war komplett neu! Wir haben größten Respekt vor der Arbeit der Darsteller, die wirklich Show für Show körperliche Höchstleistungen vollbringen und alles so ausgesprochen leicht aussehen lassen.
Umso trauriger ist es, dass Tarzan in nächster Zeit nicht mehr in Deutschland aufgeführt wird. In Dänemark wird es eine Produktion geben, diese wird jedoch nicht der Show aus Deutschland entsprechen, da die Rechte nur teilweise erteilt wurden. Wir hoffen, dass es kein Abschied für immer ist und wir eventuell in Zukunft irgendwann noch einmal Tarzan in Deutschland sehen dürfen!
Viele Grüße!
Eure Judy und eure Ena