DIES IST DIE STUNDE
Jekyll & Hyde stand schon lange auf unserer Bucket List, umso mehr freuten wir uns, als wir erfuhren, dass das Musical in der Nähe und mit großartiger Besetzung aufgeführt werden sollte. Also nichts wie hin nach Dortmund.
Die Handlung spielt im London des 20. Jahrhunderts. Der versierte Arzt „Henry Jekyll“ glaubt fest daran ein Mittel erfunden zu haben, welches das Gute vom Bösen im Menschen trennt und strebt einen Versuch an einem lebenden Menschen an. Dieses wird ihm jedoch durch den Vorstand des Krankenhauses untersagt. Einzig seine Verlobte „Lisa Carew“ und sein Freund und Anwalt „John Utterson“ sind auf seiner Seite und sprechen ihm Mut zu.
Nach seiner Verlobungsfeier mit „Lisa Carew“ besucht er den Nachtclub Red Rat um Ausschau nach potentiellen Probanden zu halten, lernt dort die Prostituierte „Lucy Harris“ kennen und bietet ihr seine Freundschaft an.
Schlussendlich entschließt er sich, einen Selbstversuch durchzuführen, ohne die Folgen im Vorfeld auch nur zu ahnen.
Er verwandelt sich fortan immer wieder in den düsteren „Edward Hyde“, der durch die Straßen Londons zieht und die Gegensprecher „Jekylls“ brutal ermordet.
„Edward Hyde“ scheint immer mehr von „Henry Jekyll“ in Besitz zu nehmen, dieser versucht verzweifelt die Verwandlungen einzudämmen und ein Gegenmittel zu finden um seine böse Seite zu eliminieren, was ihm jedoch nicht gelingt, da „Edward Hyde“ dieses immer wieder erfolgreich verhindert.
„Lucy Harris“ hat sich inzwischen in „Henry Jekyll“ verliebt, wird jedoch regelmäßig von „Edward Hyde“ heimgesucht, der gefährliche Spielchen mit ihr spielt und sie schlussendlich, nach einem Versuch von „Jekyll“ sie zu retten und aus der Stadt zu bringen, ebenso brutal ermordet.
Während seiner Hochzeit mit „Lisa“ kann „Jekyll“ die Verwandlung in „Hyde“ nicht mehr unterdrücken und wird zu seinem bösen Alter Ego. Er fleht seinen Freund „Utterson“ an ihn zu erlösen indem er ihn tötet. „Utterson“ verneint, wird allerdings von „Hyde“ angegriffen, der schlussendlich dem Wunsch „Jekylls“ nachkommt und ihn erschießt.
Das Bühnenbild von Jens Kilian war genial! Die mehrstöckige Drehbühne verwandelte das Wohnzimmer von „Henry Jekyll“ in Windeseile zur Bar Red Rat, zu den Straßen Londons oder zu einem Efeu berankten Vorgarten. Kurzerhand wurde die Drehbühne nach oben gefahren und wir fanden uns plötzlich in „Jekylls“ Labor wieder.
Jede Ebene konnte von der jeweils anderen Seite aus betreten werden, so dass es zwischenzeitlich schien, als würde es keine Szenenwechsel geben, alles ging fließend ineinander über und zwischenzeitlich hatte man das Gefühl, man schaut einen Film. Zum Beispiel verlässt Henry Jekyll sein Wohnzimmer durch eine Tür um in sein Labor zu gehen, nach unglaublich kurzer Zeit stand er dann oben auf einer Treppe am linken Bühnenrand. Während er die Wendeltreppe hinabstieg wurde das Bühnenbild nach oben gefahren und auf der letzten Treppenstufe angekommen konnte er prompt sein Labor im Keller betreten.
Das Labor selbst war so detailreich ausgestattet, dass man alles gar nicht erfassen konnte. Viele verschiedene Fläschchen mit Substanzen, die zusammengegossen eine andere Farbe annahmen. Im Regal standen Köpfe in Gläsern, Bücher und weitere Flüssigkeiten. Überall Nebelschwaden, flackerndes Licht und Special Effects.
Mittig war ein großer Spiegel, der für die Konfrontation zwischen Jekyll und Hyde eine essentielle Rolle spielt. Der dazugehörige Effekt (welcher es ist, verraten wir an der Stelle nicht) funktionierte leider an dem Abend nicht, es wirkte aber auch so schon bedrohlich und hätte sich der Intendant nach der Vorstellung nicht für die Panne entschuldigt, wäre uns nie aufgefallen, dass an dieser Stelle etwas anderes geplant war.
Vielleicht verratet ihr uns ja, wie die Szene mit dem passenden Effekt rüberkommt. Wir sind sehr gespannt!
Die Kostüme von Falk Bauer waren ebenso detailverliebt wie das Bühnenbild und absolut der Zeit der Handlung nachempfunden.
Jede Rolle hat sehr hochwertige und optisch sehr präsente Kostüme. Egal ob das Dienstmädchen, die Herrschaften des Vorstandes, die Prostituierten oder auch die feinen Damen der Verlobungsgesellschaft. Die Kostüme haben uns gleichermaßen wie das Bühnenbild absolut begeistert und beeindruckt.
Die Besetzung ist fabelhaft!
Milica Jovanovic als Verlobte „Lisa Carew“ passte mit ihrer glockenklaren Stimme wundervoll in die Rolle. Die Duette mit David Jakobs und Bettina Mönch und ihre Soli sorgen für Gänsehaut. Sie verkörperte die Rolle der liebevollen Verlobten, die mit ihrer Sanftheit auch „Edward Hyde“ beruhigen kann ganz großartig. Die Rolle schien ihr wie auf den Laib geschneidert zu sein.
David Jakobs als „Henry Jekyll / Edward Hyde“ hat eine schauspielerische Glanzleistung abgeliefert und gerade die Verwandlungen und die Konfrontation zwischen „Jekyll“ und „Hyde“ waren großartig! Als „Henry Jekyll“ war er gut, als „Edward Hyde“ hat er uns noch besser gefallen. Blitzschnell schaltete er vom zielstrebigen Doktor zum irren Mörder um. Irgendwas hat uns dennoch gefehlt um uns vom Hocker zu reißen. Wir können gar nicht so genau benennen, was es war. Manchmal fehlt eben einfach ein Quäntchen und Geschmäcker sind ja bekanntlich – Gott sei Dank – verschieden, denn das Publikum war offensichtlich zum Großteil anderer Meinung, was mit tosendem Szenenapplaus und am Ende mit Jubelrufen und Standing Ovations bewiesen wurde.
Unser Star des Abends war Bettina Mönch als „Lucy Harris“. Mit ihrer Stimmgewalt hat sie uns buchstäblich weggefegt. Die Szenen in der Bar waren brillant und wir ziehen unseren Hut vor ihrer Interpretation der Rolle. Sie schafft es scheinbar mühelos die harte Prostituierte zu mimen, lässt aber immer wieder durchblicken, dass sich „Lucy“ nicht freiwillig in dieser Situation befindet und zeigt die gefühlvolle, verletzliche und gleichzeitig hoffnungsvolle Seite, aus der Situation irgendwann entfliehen zu können. Rockige Töne meistert sie ebenso, wie gefühlvolle Balladen grandios.
Als Freund und Anwalt „Gabriel John Utterson“ stand Morgan Moody auf der Bühne, der mit dem klassischen Klang seiner Stimme für eine gelungene Abwechslung sorgte.
Der Opernchor des Theaters Dortmund und das Orchester der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster rundeten das Stück vollends ab.
Unser Fazit: Großartige Inszenierung von Gil Mehnert mit einem grandiosen Bühnenbild, tollen Kostümen und einer wunderbaren Besetzung! Uneingeschränkte Empfehlung unsererseits!
Viele Grüße!
Eure Judy und eure Ena