Am 10.02.2019 zog es uns nach Essen ins Colosseum Theater, wo das einmalige Event When Musical Meets History stattfinden sollte.
Durch den Abend führte Mark Seibert als Moderator, gewohnt charmant, und gab zu den jeweiligen Musicalblöcken kurze Einblicke in die Geschichte der einzelnen Stücke.
Den Anfang machte das Musical Der Medicus, welches von dem jungen Engländer „Rob Cole“ handelt, der im London des frühen Mittelalters aufwächst und die Kunst der Medizin erlernen will. Er begibt sich auf eine gefährliche Reise nach Persien, um dort bei „Ibn Sina“, dem größten Medicus seiner Zeit, zu studieren. Er muss sich als Jude ausgeben, weil das Studium für Christen untersagt ist. Auf seiner Reise begegnet er der Liebe seines Lebens und findet schlussendlich zu sich selbst.
Dem Musical Mozart! war der zweite Block gewidmet, das die Geschichte des musikalischen Genies „Wolfgang Amadeus Mozart“ erzählt. „Mozart“ möchte als Freigeist leben und tun können was er will. Mit diesem Verhalten eckt er in seiner Umwelt oft an. Besonders sein Vater und der Erzbischof „Colloredo“ sind mit seinem Verhalten nicht einverstanden. „Mozart“ möchte sich einfach nur aus den Fängen der Konventionen befreien, was ihm am Ende den Tod bringt.
Dem Musical Marie Antoinette sollte der dritte Block gehören, welches kurz nach der Thronbesteigung von „Marie Antoinette“ und ihrem Gatten „Louis XVI“ spielt. „Marie Antoinette“ gibt sich ihrem Luxusleben hin, während das Bettlermädchen „Margrid Arnaud“ auf den Straßen von Paris Blumensträußchen verkauft um zu überleben. Die beiden Frauen, die gegensätzlicher nicht sein könnten, lernen sich im Laufe des Stücks kennen und aus der anfänglichen Feindseligkeit wird gegenseitiger Respekt und Verständnis.
Mit Marie Antoinette fand der erste Akt des bis hierhin großartigen Ausflugs in die Historie ein Ende.
Nach der ersten Pause ging es mit Der Glöckner von Notre Dame weiter. Hierbei geht es um den missgebildeten Glöckner „Quasimodo“, der ein einsames Leben in der Kathedrale von Notre Dame führt. Als er sich eines Tages auf die Straße wagt, wird er verspottet und zum Narrenkönig gekürt. Einzig und allein die Zigeunerin „Esmeralda“ hat Mitleid mit ihm. „Quasimodos“ Ziehvater „Frollo“ und der Hauptmann „Phoebus“ verlieben sich in „Esmeralda“ und so entwickelt sich eine komplizierte Liebesgeschichte, die für „Esmeralda“ auf dem Scheiterhaufen endet. „Quasimodo“ stößt am Ende „Frollo“ von der Balustrade seines Glockenturms und befreit sich dadurch aus der Einsamkeit.
Danach folgte ein Block aus dem Musical Die Päpstin. „Johanna“ kommt im Jahr 814 als Tochter des Dorfpriesters zur Welt. Sie wird in eine Welt geboren, in der Mädchen und Frauen das Lesen und Lernen verwehrt bleiben soll. Sie befreit sich aus den Fängen ihres Vaters und geht zusammen mit ihrem Bruder an die Scola, wo sie eine hervorragende Ausbildung genießt und lebt während dieser Zeit beim Markgrafen „Gerold“ und seiner Ehefrau. Nach dem Tod des Bruders nimmt Johanna die Identität dessen an, wird später zum Priester und schließlich in Rom zum Papst gewählt. Die Liebe zu „Gerold“ wird ihr schlussendlich zum Verhängnis.
Der nächste Block gehörte dem Klassiker Les Miserables. Der Gefangene „Jean Valjean“ wird aus 19 jähriger Haft entlassen, nimmt eine andere Identität an und wird Bürgermeister eines Vorortes von Paris. Als die Fabrikarbeiterin „Fantine“ stirbt, nimmt er sich ihrer Tochter „Cosette“ an und wird ihr Ziehvater. Beide Leben glücklich und unentdeckt in Paris. „Cosette“ verliebt sich in den Studenten „Marius“, der mit seinen Freunden während des Pariser Juniaufstandes auf den Barrikaden kämpft. In der ganzen Zeit ist ihm Inspektor „Javert“ auf der Spur. „Valjean“ rettet „Marius“ das Leben und stirbt schlussendlich nach der Hochzeit von „Cosette“ und „Marius“, doch vorher offenbart er „Marius“ das Geheimnis seiner Identität.
>Morgen schon< bildet den perfekten Abschluss des zweiten Aktes.
Der Dritte Akt gehört den Musicals Ludwig2und Elisabeth, die durch die Geschichte eng miteinander verbunden sind.
Ludwig2 erzählt die Geschichte des Königs „Ludwig“ II. von Bayern, der sein Land zu einem Tempel des Friedens und der schönen Künste machen möchte. Einzig seine Cousine, Kaiserin „Elisabeth“ von Österreich und sein Adjutant, Graf „Dürckheim“ stehen ihm zur Seite. Als seine Liebe zu „Elisabeth“ scheitert, verfällt er in Depressionen, aus denen ihn ein Engel befreien kann. Als sein Bruder „Otto“ im Krieg fällt, verfällt „Ludwig“ wieder in größte Traurigkeit, aus der er wieder von seinem Engel befreit wird. „Ludwig“ entscheidet, dass nie wieder Krieg herrschen darf, er will lieber erschaffen, statt zu zerstören. Dies wird ihm zum Verhängnis, da er für Verrückt erklärt wird.
Das Musical Elisabeth zeigt das Leben der Österreichischen Kaiserin, die auf ihrem Weg eigentlich nur einen Vertrauten hatte, den Tod. „Elisabeth“ wird mit gerade einmal 17 Jahren die Frau von Kaiser „Franz Joseph“ und übernimmt damit aus Liebe zu ihrem Mann ein Amt, welches zu ihrer Freiheitsliebe überhaupt nicht passt. Es fällt ihr schwer sich den höfischen Konventionen unterzuordnen und so gerät sie gerade mit ihrer Schwiegermutter Erzherzogin „Sophie“ ständig in Konflikte. Als diese ihr dann auch noch die Erziehung ihrer Kinder untersagt, beginnt „Elisabeth“ ihren eigenen Weg zu gehen. Sie vermittelt mit ihrer Schönheit in politischen Konflikten und nabelt sich zunehmend ab. Leider führt ihr Weg sie auf einen dunklen Pfad. Spätestens mit dem Selbstmord ihres Sohnes „Rudolf“, war sie ihrem eigenen Tod näher denn je.
Ein historischer Musicalabend in drei Akten die für Gänsehaut, Begeisterung und Tränen gesorgt haben.
Man kann eigentlich gar keinen der Darsteller besonders hervorheben. Einfach ALLE haben so einen wunderbaren Job gemacht! Jeder hat alles in die Interpretation der Rollen gegeben und in seinen Parts brilliert. Jedem einzelnen konnte man ansehen und hat gespürt, dass sie ihre Stücke leben und lieben.
Es herrschte während des gesamten Abends eine wahnsinnig mit Spannung geladene Stimmung. Das Publikum war in jeder Minute gebannt, es gab kein quatschen, kein rascheln und kein unruhiges Umherlaufen. Den Darstellern den gebührenden Applaus zu gute kommen zu lassen, war gar nicht so leicht. Es war ein straffes Programm und nach jedem Lied gab es nur einen sehr kurzen Break für den Applaus. In Anbetracht des Programms absolut verständlich, aber auch ein bisschen schade für die Künstler auf der Bühne, denn man hatte ein bisschen das Gefühl, sie konnten den Applaus des Publikums nicht genießen und gerade der ist doch der größte Lohn.
Schon die Einleitung in den Abend durch Lisa Habermann und Annemarijn Maandag mit >Reise durch die Zeit< war so ein gelungener Auftakt. Zwei wundervolle Stimmen, die sich ganz weich ergänzten.
Während in Stuttgart die letzte Vorstellung des Glöckners von Notre Dame lief, zeigte der ehemalige „Quasimodo“ Hauptdarsteller David Jakobs seine Interpretation der Rolle im Colosseum in Essen. Auch ohne Buckel, dafür aber mit den typischen schwarzen Streifen im Gesicht, gab er einen großartigen Einblick in die Kathedrale von Notre Dame und das Seelenleben von „Quasimodo“. Mit seiner „Esmeralda“ Monika Staszcak, die ihre Zuneigung zu „Quasimodo“ so liebevoll interpretierte, war es für uns ein perfekter Abschied von einem großartigen Stück, welches wir einen Tag zuvor im Original in Stuttgart sehen konnten.
Als Sabrina Weckerlin das Lied >Einsames Gewand< aus dem Musical Die Päpstin sang, gab es im zweiten Akt dann kein Halten mehr und alle Zuschauer belohnten die absolut emotionale Höchstleistung mit Standing Ovations und sorgten bei ihr für echte Ergriffenheit und Rührung. Danach war das Eis gebrochen und das Publikum belohnte jeden Darsteller mit stehenden Ovationen.
Michaela Schober zauberte mit ihrer vielseitigen Stimme nicht nur mit >Gold von den Sternen< aus dem Musical Mozart! große Emotionen auf die Bühne. Ganz besonders gut stand ihr der Titel >Boten der Nacht< aus dem Stück Die Päpstin. Diese mystische Interpretation war einfach nur wahnsinnig berührend.
Patrick Stanke brillierte in seiner Paraderolle des „Jean Valjean“ und sorgte für so einige Tränen im Publikum. Er selbst war so ergriffen von seiner Darbietung und der Resonanz des Publikums auf das Lied >Bring ihn heim<, sodass auch er seine Emotionen nicht zurückhalten konnte.
Ebenfalls durch den letzten Sommer aus Les Miserables bekannt, zeigte uns Kevin Tarte was seine Stimme alles kann. Mit Begeisterung verfolgte das Publikum seine Darbietungen. In diesem Block stach auch Florian Peters durch besonders sanfte Klänge im Song >mein Herz ruft nach Dir< raus.
Als „König Ludwig II.“ stand Jan Ammann auf der Bühne und nahm das Publikum zusammen mit Annemarijn Maandag mit auf eine Reise in das Schloss der Zukunft. Die Verbundenheit mit der Rolle spürte man bis in die hinterste Ecke des Zuschauerraumes.
Nicht nur als Moderator, sondern auch als der „Tod“ glänzte Mark Seibert in einer seiner Paraderollen. >Den letzten Tanz< hätten wohl auch einige Fans im Publikum gerne mit ihm getanzt, was den Jubelrufen der Zuschauer*innen zu entnehmen war. Roberta Valentini durfte diesen Tanz mit ihm tanzen und zeigte eine stimmgewaltige und sehr emotionale Darbietung der „Elisabeth“.
Der begleitende Chor aus 10 jungen Darstellern hat uns ebenso absolut begeistert. Mit ganz wenigen Mitteln und kleinen, aber mehr als passenden Choreografien, haben sie die Darsteller bei vielen Songs super ergänzt. Besonders gelungen war das Lied >Milch< aus Elisabeth. Nicht nur Patrick Stanke als „Luigi Lucheni“ hat uns total geflasht, auch der Chor hat dem Lied einen ganz besonderen Ausdruck verliehen.
Zwei der Darsteller des Chors durften wir in unserer Kategorie Nachwuchskünstlerbereits näher vorstellen. Vielleicht schaut ihr bei Lina Gerlitz und Lukas Weinbergernochmal vorbei.
Wir können nur sagen, dass wir froh waren den Abend erleben zu dürfen.
Ein kleiner Kritikpunkt waren die zu kurzen Pausen, denn die Schlangen an den Toiletten waren gewohnt lang und die Zeit hat gerade eben so gereicht auch wenn man direkt mit Beginn der Pause aufgestanden ist. Außerdem war das Angebot an Brezeln viel zu schnell vergriffen. Aufgrund der Anfangszeit der Gala (17:30 Uhr) hatte kaum jemand vorher großartig Zeit etwas zu essen und alle stürzten sich regelrecht auf die Brezeln, die bereits knapp nach Anfang der ersten Pause alle vergriffen und neue gebacken werden mussten und in der zweiten Pause vollständig ausverkauft waren.
Ansonsten, wie von Sound-of-Music-Concerts gewohnt, ein absolut gelungener Abend, mit den hochkarätigsten Künstlerinnen und Künstlern und einer perfekten Musical- und Songauswahl!
Wir hoffen, dass es, ähnlich wie der Mitternachtsball, zu einer jährlichen Tradition werden könnte.
„Leider“ hat es aber auch Lust auf mehr gemacht und es wäre einfach großartig, einige der Stücke noch einmal in einer kompletten Inszenierung auf der Bühne zu sehen!
Viele Grüße!
Eure Judy und eure Ena