03.01.2020: Jesus Christ Superstar in Wuppertal

Jesus Christus ein gefeierter, ausgebrannter und im Verlauf gestürzter Rockstar? – Klar, warum eigentlich nicht?!

Wir sind beide Fans, von Andrew Lloyd Webbers und Tim Rices Musical Jesus Christ Superstar. So war für uns klar, dass wir es noch einmal sehen wollten, aber dieses Mal in einer etwas anderen Inszenierung. So sollte unser Musicaljahr am 03.01.2020 mit der Inszenierung der Wuppertaler Bühnen beginnen.

Die Handlung beschreibt die letzten Tage im Leben von Rockstar „Jesus Christus“, der mit seiner Band „The Prophets“ durch Nazareth tourt und bei den Fans wahre Jubelstürme und Hysterien auslöst.

Gitarrist „Judas“ sieht den Hype eher skeptisch, denn er erkennt, dass es den Fans nicht rein um die Band, sondern um „Jesus“ als Person geht. Er warnt ihn davor, dass sein Erfolg ebenso schnell ins Gegenteil umschlagen kann, wenn er nicht die Wünsche seiner Fans befriedigt.

I’ve been your right hand man all along. You have set them all on fire. They think they’ve found the new Messiah. And they’ll hurt you when they find they’re wrong!

„Jesus“ ist Spielball der Fans, möchte allen Gerecht werden, schafft es aber nicht. Er ist gestresst und müde. Backgroundsängerin „Maria Magdalena“ kann ihn immer wieder mit Zärtlichkeiten und Nähe beruhigen.

Everything’s alright, yes, everything’s fine. And we want you to sleep well tonight.

„Kaiphas“ und „Annas“ ist der Kult um den Sänger ein Dorn im Auge, sie sehen „Jesus“ als einen gefährlichen Unruhestifter. Während die Menschenmassen ihm zujubeln, beschließen sie „Jesus“ unschädlich zu machen.

Als treuer Unterstützer bestärkt Gitarrist „Simon“ „Jesus“ immer wieder weiterzumachen, Jesus selbst aber hat keine Kraft mehr und sieht das nahende Ende.

You’ll get the power and the glory! For ever and ever and ever!

Die Situation zwischen „Jesus“ und seinen Anhängern eskaliert, da sie in ihm die letzte Hoffnung sehen ihre Situation zu verbessern. Alle zerren an ihm. Er ist mit der Situation völlig überfordert und versucht aufgebracht und verzweifelt den Massen Herr zu werden.

Oh, there’s too many of you, don’t push me. Oh, there’s too little of me, don’t crowd me. Heal yourselves!

„Maria Magdalena“ gesteht sich nun ein, dass sie in „Jesus“ verliebt ist und ist von ihren plötzlichen tiefen Gefühlen verunsichert und bewegt.

„Kaiphas“ und „Annas“ bestechen „Judas“, „Jesus“ zu verraten. Er hadert, nimmt dann aber trotz schlechtem Gewissen das Bestechungsgeld und verrät ihn.

Zusammen mit seinen Freunden feiert „Jesus“ das letzte Abendmahl. Sie singen und sitzen gemütlich zusammen. Dennoch spürt er, dass er im Ernstfall alleingelassen und sogar verraten wird.

Noch am selben Abend verrät „Judas“ ihn mit einem Kuss, eigentlich ein Zeichen der Freundschaft, und es kommt zur Festnahme.

„Jesus“ muss sich vor „Pilatus“ verantworten, während die aufgebrachte Menschenmenge ihn verhöhnt und lautstark seinen Tod fordert.

„Pilatus“ weiß nicht mehr wie er mit der Situation umgehen soll, im Grunde genommen hat „Jesus“ nichts getan, was eine Kreuzigung rechtfertigen würde, andersrum hat er das Volk im Nacken. Hilflos schiebt er „Jesus“ zu „Herodes“ ab, der ihn zwar verspottet, ihn aber auch nicht zum Reden bringt.

So if You are the Christ, you’re the great Jesus Christ, prove to me that You’re no fool, walk across my swimming pool

Inzwischen bereut „Judas“ seinen Verrat. Er kann mit der Situation, „Jesus“ so leiden zu sehen, nicht umgehen und erschießt sich mit der Waffe, die er zusammen mit dem Bestechungsgeld erhalten hat.

Noch einmal wird „Jesus“ zu „Pilatus“ gebracht, der erneut versucht ein Gespräch zu führen. Die Stimmung im Volk wird immer schlechter und lautstark wird die Kreuzigung „Jesu“ gefordert.

Schlussendlich spricht „Pilatus“ das Todesurteil, zu dem er von den Massen gedrängt wird.

Das Bühnenbild war recht minimalistisch gestaltet. Im Halbkreis war eine Wand installiert, die sehr unterschiedlich und ausdrucksstark beleuchtet werden konnte. Die Mitte teilte ein Durchgang, der im Vordergrund als eine Art Portal geschmückt war.

Am oberen Rand des Halbkreises führte ein Balkon entlang. Dort saß mittig über dem Durchgang auch die Band, die immer für das Publikum sichtbar war. An diesem Balkon waren zwei schwenkbare Brücken befestigt, die als Erweiterung und Auf- und Abgang zur Hauptbühne dienten.

Die Requisiten wurden von den Darstellern oder von „Technikern“ auf die Bühne gebracht. Viel mehr als ein paar Sofas, einige Kisten und dem Kreuz am Ende, war aber auch das nicht. Und mehr brauchte es auch nicht.

Hier wurde der moderne Ansatz der Inszenierung sehr deutlich. Das letzte Abendmal wurde mit Bierkisten begangen und eine Handfeuerwaffe ist wohl auch nicht so ganz der Zeit Jesu entsprechend. Genau das wollte diese Inszenierung aber auch nicht sein. Also insgesamt eine runde Idee und die Transformation der Story in die moderne Zeit wurde gut umgesetzt.

Die Kostüme waren der Rockband-Idee entsprechend gewählt. Die Band selber war schwarz und sehr modern gekleidet. Einzig Jesus Schuhe erinnerten an sein geschichtliches Vorbild. Die Soulgirls rund um „Maria Magdalena“ waren eher freizügig und sexy unterwegs, während „Jesus“ und „Judas“ sehr leger und locker gekleidet waren.

Das Ensemble trug Kostüme, die sich uns nicht ganz erklärt haben. Es war eine seltsame Mischung aus leicht schmuddeligen Hippies, sportiven 80ern, skurrilen Mix-Outfits und leichten Mädchen. Es passte für uns nicht ganz in… ja welche Zeit eigentlich? Vermutlich sollte es das „gemeine Volk“ mit seinen unterschiedlichsten Schichten darstellen.

Die Darsteller waren für die moderne Inszenierung großartig gewählt.

Als „Jesus“ stand Oedo Kuipers auf der Bühne, der als Typ wunderbar in die Rolle passte. Schauspielerisch hat er den gefeierten Rockstar ebenso souverän auf die Bühne gebracht, wie den Qualen leidenden „Jesus Christus“. Auch gesanglich war er toll, wobei uns stimmlich ein klein wenig der rockige Einschlag (passend zur Inszenierung) fehlte.

Den Verräter „Judas“ verkörperte Rupert Markthaler. Zwischen leisen und lauteren Tönen konnte er wunderbar wechseln und schauspielerisch hat er uns ebenfalls überzeugt. Bei ihm war stimmlich wiederum die Rockband Idee sehr passend und auch sein Äußeres hätte nicht authentischer sein können.

Maureen Mac Gillavry spielte „Maria Magdalena“, die mit ihrer kraftvollen und auch rockigen Stimme überzeugte. Das Rockband Image steht ihr großartig und Fans von ihr haben sicher an der einen oder anderen Stelle „Raven“ aus Bat out of Hell durchblicken sehen.

Jesus Freund „Simon“ und den „Apostel Petrus“ verkörperte Kim David Hammann, der uns in seinen Gesangsoli sowie mit seiner schauspielerischen und tänzerischen Leistung ebenfalls super gefiel.

Als „Pontius Pilatus“ stand Simon Stricker auf der Bühne. Er interpretierte seine Rolle eher mit klassischerem, „seriöserem“ Gesang, was absolut passte und uns wirklich gut gefallen hat.

Unser Fazit:

Judy: Mir war diese Inszenierung „zu jung“. Die Darsteller waren allesamt wirklich gut, darum geht es nicht! Wobei ich gestehen muss, dass ich schon authentischere Bühnen-Tode erlebt habe. Aber das Konzept ist bei mir einfach nicht richtig angekommen. Mich hat dieser moderne Rockband Ansatz irgendwie nicht gepackt. Trotzdem war es ein schöner Abend, denn die Musik ist und bleibt genial, die Gänsehaut-Momente blieben nicht aus und die Ohrwürmer werde ich gerade auch nicht los.

Ena: Jesus Christus als Rockstar? Ich fand die Inszenierung jung und modern und wirklich gut umgesetzt. Ja, es ist durchaus gewöhnungsbedürftig, dass „Maria Magdalena“ „Jesus“ in den Schritt greift und im ersten Moment war ich auch ein bisschen schockiert. Aber warum sollte man eigentlich mit der Story nicht auch ein bisschen schockieren und wachrütteln? Was mir nicht so ganz gefallen hat, war der Ton. Das Orchester und die Band waren großartig, aber leider teilweise ein bisschen zu laut, sodass man das Gefühl hatte, dass die Darstellerinnen und Darsteller teilweise richtig gegen die Musik ansingen mussten und schlussendlich irgendwie leise und dumpf klangen. Vielleicht lag es an der Technik, vielleicht an den Plätzen, die wir hatten.

Alles in Allem ist die Inszenierung absolut empfehlenswert, was unter Anderem an den Standing Ovations am Schluss und an den ausverkauften Vorstellungen zu sehen ist.

Viele Grüße!

Eure Judy und eure Ena

Nach oben scrollen